geh.sundheit
Hm, da bremst mich nun mein Körper ganz schön aus, die letzte Zeit. Zu viel Gas gegeben? Bekomme ich auf diese Weise ein wertvolles Signal? Eine Ampel, die auf Rot geschalten hat? Wieder Ampelsystem. Nicht nur für Mister Gesundheit. Was signalisiert ein Körper, wenn er plötzlich Schmerzen zeigt, und dich zum Stehenbleiben zwingt? Oder gar zum Sitzenbleiben. Zum Liegenbleiben. Oder zumindest zum Beine hochlagern. Für zwischendurch.
Irgendetwas passt nicht. Obwohl man es so gut mit ihm meint. Irgendwo und irgendwie muss korrigiert werden. Immer. Das Leben ist ein einziges Einlenkmanöver.
Ich bin meinem Verehrtesten, mit einem vermutlich nicht ausreichend trainierten Allerwertesten (man spricht von muskulärer Dysbalance) vielleicht etwas zu schnell gelaufen, oder zu weit oder zu oft. Oder gar nichts davon. Geschwindigkeit, Wegstrecke, Frequenz. Muss man sich über diese Dinge Gedanken machen, Überlegungen anstellen, wie schnell, wie weit und wie oft man sich bewegen darf? Damit es noch guttut. Gutes tut. Ich dachte, das spür ich schon. Mein Körper ist mein Feedback. Ja-wohl. Er erzählt mir meine Geschichte. So wie dein Körper deine Geschichte erzählt. Er macht kein Geheimnis daraus, spielt mit offenen Karten. Wenn du Schmerzen bekommst, dann zeigt er dir eine offene Rechnung. Nur welche?
Im Falle meiner Gesundheit bedeutet es, den ab.lauf zu analysieren und gegebenenfalls zu optimieren: Blick auf die Gelenke, die Bewegungsmuster, die Haltung, den Laufschuh, die Achse. Ein Orthopäde, ein Trainer, ein Physiotherapeut, mein Schuhgeschäft. Sie alle wollen mir helfen. Mein Schienbein tut weh. Was aber, wenn der ganze Zauber bloß dazu da ist, das Tempo raus zu nehmen? Was, wenn meine Aufgabe sein soll, zu erkennen, dass ich zunächst gehen lernen soll, und dann erst laufen. Zurück zu den Anfängen. Spazieren gehen. Rad fahren. Ihr erinnert Euch? Mein Ansatz aus der Kindheit, die gemütliche Bewegung. Kein Workout. Keine Anstrengung. Genießen. Beim Gehen. Für mehr Geh.sundheit. In meinem Tempo. Das mir mein Körper vorgibt. Vielleicht ist es ja wie in der Musik: Erst durch die Pause entsteht ein Rhythmus. Dein Rhythmus. Mein Rhythmus.
Zu schnell vorankommen. Gibt es das überhaupt? Wozu? Vielleicht, damit ich mehr von der Strecke wahr-nehme, damit ich jeden Augenblick genieße und mich nicht im Tun verliere – obwohl das zum Abschalten schön sein kann. Damit die Bänder und Sehnen, Muskeln und Knochen und was uns sonst noch schmerzfrei aufrecht hält genügend Zeit hat, mitzukommen. Beim Vor.ankommen. Beim Auf.richten.
Aber es gibt da noch einen Komplex im Körper, der mitgenommen werden möchte. In seinem Tempo. Unser Gehirn. Unser Manager. Es ist zwar kein Muskel, aber zieht die Fäden, steuert und lenkt alles: Das Atmen und Berühren, Schlucken und Schmecken, Sehen und Hören, Lesen und Schreiben, Singen und Tanzen, stilles Denken und lautes Sprechen, Lieben und Hassen, Gehen und Laufen, Planen und Spontanität, Vorstellen und ins Tun kommen. Unser Gehirn sagt, wo und wie es lang geht.
Nun, ich bin kein Sport-Profi, sondern bestenfalls Amateurin. Vom lateinischen Wort amator für ,Liebhaber‘ abgeleitet, ist ein Amateur, jemand, der etwas aus Liebhaberei betreibt, ohne also auf dem Gebiet formal dafür ausgebildet zu sein. Hab ich kürzlich gelernt. Und mich in dem Begriff wiedergefunden. Ich bewege mich gerne, ich laufe sehr gerne. Aber nur, wenn es schmerzfrei möglich ist, denn das liebe ich. Bis dahin, Geh.sundheit. Auch schön.
P.S. Und irgendwann wird die Ampel wieder grün. Da bin ich mir ganz sicher. Wenn ich soweit bin.